Fördermengen
1985 wurden noch über 60 Mio. m³ Grundwasser pro Jahr aus dem Vogelsberg gefördert. Geplant waren bis zu 120 Mio. m³. Seit Beginn der SGV-Tätigkeit wurden die Fördermengen deutlich heruntergefahren auf heute ca. 40 – 42 Mio. m³ /Jahr. In längeren Trockenperioden kann das für einzelne Biotope aber immer noch zu viel sein. Wichtiger ist daher der Schutz und die Regeneration von Biotopen durch Grenzgrundwasserstände und mehr Flexibilität bei der Entlastung einzelner Gewinnungsanlagen.
Grenzgrundwasserstände
Das Grundwasser wurde aus dem Vogelsberg früher je nach Bedarf und technischer Machbarkeit weggepumpt. Besonders in trockenen Sommern war dies ein unverantwortlicher Raubbau an der Natur, der vielfach Biotope stark schädigte oder verschwinden ließ.
Dagegen hat die SGV das System der Grenzgrundwasserstände entwickelt und in den aktuellen Genehmigungsbescheiden durchgesetzt. Grenzgrundwasserstände sollen für die betroffenen Nass- und Feuchtgebieten die Grundwasserverfügbarkeit sicherstellen, und dienen auch der Regeneration bereits geschädigter Biotope.
Alle Beteiligten haben nach und nach dieses System akzeptiert. In Trockenzeiten muss heute daher, wenn ein Grenzgrundwasserstand erreicht wird, die Grundwassergewinnung gedrosselt oder eingestellt werden.(s.a. Kapitel Wasser & Natur /Umweltsicherung). Profitiert davon haben die wasserabhängigen Biotope so gut wie aller Gewinnungsgebiete, wobei hier besonders die vorher stark geschädigten Gebiete Inheiden, Nidda-Kohden, Gedern, Brachttal, Gettenbach und Lauter-Wetterfeld hervorzuheben sind.
Regeneration und naturschutzfachliche Kontrolle
Wurden Biotope und/oder Böden durch Wasserentzug geschädigt, wurde dies von der Wassergewinnung früher entweder ausgeblendet oder als unvermeidbar hingenommen. In Wasserrechtsbescheiden wurde gemäß Naturschutzgesetz lediglich der Schutz noch vorhandener Nass- und Feuchtgebiete gefordert, wobei hier oft die Kontrolle fehlte.
Die SGV hat dies geändert. Nach dem Verursacherprinzip ist heute das Regenerieren von geschädigten Gebieten eine Auflage von Genehmigungsbescheiden. Dieses ist wiederum an Grenzgrundwasserstände gebunden, da eine dauerhafte Wasserverfügbarkeit für eine Biotop-Regeneration essentiell ist.
Ebenfalls durchgesetzt hat die SGV eine regelmäßige landschaftsökologische Kontrolle von Biotopen durch Jahresberichte, für die alle 5 Jahre sehr ausführliche Untersuchungen durchgeführt werden. Die SGV betreibt parallel eine eigene Beweissicherung, indem engagierte Mitglieder besonders seit der Trockenheit 2018 Trockenfallstrecken in Gewässern und Biotopen dokumentieren. Die SGV leitet diese Beobachtungen an die Aufsichtsbehörden weiter.
Beispiel: Fördergebiet Inheiden
Das größte Gewinnungsgebiet für Vogelsbergwasser, Inheiden bei Hungen, wurde aufgrund seiner artesischen Wasseraustritte früher gnadenlos ausgebeutet. Durch das starke Absenken der Grundwasserspiegel trocknete der empfindliche weil moorige Boden aus und sackte in sich zusammen. In der Folge konnte durch die Bodenverdichtung der Regen nicht mehr in den Oberboden eindringen. Bis auf die Baumleichen des Auwaldes verschwanden die artenreichen, ausgedehnten Biotope.
Der neue Wasserrechtsbescheid vom 09.02.2005, von der SGV erzwungen, legte erstmalig Grenzgrundwasserstände auch für die Regeneration der Feuchtgebiete fest. Um auch wieder offene Wasserflächen zu generieren, z.B. im Mairied, wurde zudem eine Mindestausdehnung der Oberflächen vorgeschrieben, die erhalten werden muss. Die OVAG musste somit für ihre Brunnen ein entsprechendes Steuerungsmodell entwickeln.
Das Gesamtsystem hat sich zusammen mit dem zugehörigen Kontrollmonitoring mittlerweile bewährt. Es wird daher auch in anderen Gewinnungsgebieten wie Nidda-Kohden, Gedern oder Brachttal u.a.m. in die Praxis umgesetzt.
Inheiden heute: Feuchtgebiete Mairied und Gänsweid
Naturschutz statt Grundwasserförderung
Mit massiver Unterstützung der SGV ist es örtlichen Initiativen und betroffenen Kommunen gelungen, Neuerschließungen von Gewinnungsgebieten zu verhindern. So wurde das artesisch sprudelnde, naturschutzfachlich sehr wertvolle Nassgebiet oberhalb von Freiensteinau-Salz nach langen Protesten der BI südöstlicher Vogelsberg, die vom legendären ‚Speckemüller‘ Heinrich Muth angeführt wurden, zum Naturschutzgebiet erklärt. Hier wollten die Stadtwerke Frankfurt mehr als 40 Mio. m³/Jahr fördern, was den Tod der moorigen Böden und Biotope zur Folge gehabt hätte.
In gleicher Größenordnung lagen die geplanten Fördermengen der OVAG im ebenfalls artesischen Ohm-Felda-Gebiet. Auch hier konnte die BI Ohm-Felda mit Peter Weiß an der Spitze durch massive Proteste erreichen, dass statt dessen das Naturschutzgebiet Sausel und Rauchel‘ ausgewiesen wurde. Die SGV hatte dies massiv unterstützt.
IWRM-Leitbild und Zukunftsplan Wasser
Ohne Zweifel war das hartnäckige Insistieren der SGV einer der Hauptgründe dafür, dass das Land Hessen 2014 den Prozess zur Erarbeitung eines neuen Leitbildes für die Wasserversorgung Rhein-Main eingeleitet hat. Gemeinsam mit vielen anderen Beteiligten und ihrem Mitglied AG Burgwald hat die SGV deshalb viel Zeit und Energie aufgewendet, das Leitbild intensiv mit zu gestalten. Die Ergebnisse können sich sehen lassen – schließlich wurden hier einige der Kernforderungen der SGV als Ziele der künftigen Wasserpolitik festgeschrieben.
Auf dieser Grundlage wurde dann, auch wiederum unter intensiver Mitarbeit der SGV, der ‚Zukunftsplan Wasser‘ erstellt, der gleichzeitig als wasserwirtschaftlicher Fachplan der Leitfaden für behördliches Handeln ist. Er ist der unabdingbare Fahrplan für eine erfolgreiche Klimaanpassung, ohne die die hessische Wasserwirtschaft und der Naturschutz in erhebliche Nöte geraten würden. Bei genauerem Hinsehen ist auch hier die SGV-Handschrift gut zu erkennen.
Sparsame Verwendung von Trinkwasser
Bis auf den heutigen Tag von Wasserverkäufern bekämpft, ist das Einsparen von Trinkwasser und sein Ersetzen durch Betriebswasser in geeigneten Anwendungsbereichen mittlerweile wieder eines Hauptziele des Zukunftsplans und kommunaler Wasserkonzepte. Schon vor dem Wassernotstand 1991/92 hatte die SGV die hohen Verbrauchsziffern und Wasserverluste in Rhein-Main heftig als Verursacher des Grundwasserraubbaus kritisiert. Nach der Sparwelle der 90er war Wassersparen in der Versenkung verschwunden. In den letzten Jahren hat die SGV maßgeblich dazu beigetragen, die sparsame Verwendung als Hauptinstrument der Klimaanpassung wieder zu einem Leitthema zu machen.
Beispiel: Geplante Gewinnungsgebiete, heute Naturschutzgebiete
Naturschutzgebiet Salz (Salzbach, Freiensteinau):
1988 geplante Grundwasserförderung : > 40 Mio. m3/Jahr
Naturschutzgebiet Sausel / Rauchel (Mücke):
1988 geplante Grundwasserförderung : > 40 Mio. m3/Jahr